April 17, 2011

Möglichkeitssinn

I have written on occasion that we need, in order to lead successful lives, both imagination (which lets us create unreality) and reflection (which cuts down unreality and keeps us close to reality); they're in a continuous interplay: if one of them would be dominated by the other, the result would be an unhealthful distortion.

Here's an imaginative formulation of the same line of thought from Robert Musil's Der Mann ohne Eigenschaften. Musil entitles one of his chapters: "Wenn es Wirklichkeitssinn gibt, dann muß es auch Möglichkeitssinn geben", and continues:
Wer ihn besitzt, sagt beispielsweise nicht: Hier ist dies oder das geschehen, wird geschehen, muß geschehen; sondern er erfindet: Hier könnte, sollte oder müßte geschehn; und wenn man ihm von irgend etwas erklärt, daß es so sei, wie es sei, dann denkt er: Nun, es könnte wahrscheinlich auch anders sein.[1]
People with that sense for possibilities, the Möglichkeitssinn, aren't necessarily unable to cope with reality; some may be, but there we're talking about a weak variety: a "schwache Spielart [...], welche die Wirklichkeit nicht begreifen kann oder ihr wehleidig ausweicht, wo also das Fehlen des Wirklichkeitssinns wirklich einen Mangel bedeutet."[2] This is one of the extremes (imagination without counterbalancing reflection) I have referred to above when I said there's a danger of an unhealthful distortion.

In contrast, there are those who can see deeper:
"Ein mögliches Erlebnis oder eine mögliche Wahrheit sind nicht gleich einem wirklichen Erlebnis und wirklicher Wahrheit weniger dem Werte des Wirklichseins, sondern sie haben [...] etwas sehr Göttliches in sich, ein Feuer, einen Flug, einen Bauwillen und bewußten Utopismus, der die Wirklichkeit nicht scheut, wohl aber als Aufgabe und Erfindung behandelt. [...] Da seine Ideen [...] nichts als noch nicht geborene Wirklichkeiten bedeuten, hat natürlich auch er Wirklichkeitssinn; aber es ist ein Sinn für die mögliche Wirklichkeit und kommt viel langsamer ans Ziel als der den meisten Menschen eignende Sinn für ihre wirklichen Möglichkeiten.[3]
Even here Musil points (albeit gently) to that danger from too much imagination without counterbalancing reflection: "Ein unpraktischer Mann — und so erscheint er nicht nur, sondern ist er auch — bleibt unzuverlässig und unberechenbar im Verkehr mit Menschen."[4]

(From here on, Musil performs a subtle transition from this reflective passage into a description of his main character, partly by building oblique references to later events into the text. It's an intriguing technique, but I'm not going to follow this development here.)

[1] Robert Musil, Der Mann ohne Eigenschaften; p. 16 in my paperback edition, Hamburg: Rowohlt 1987.
Note that Musil's notion of Möglichkeitssinn is a very broad notion (just as my notion of imagination).
[2] Ibd.
[3] Ibd., 16–17
[4] Ibd., 17

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